Stiftung Hospital zum Heiligen Geist

Dagmar Lavi im Porträt – „Mir war immer daran gelegen, die Menschen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen“

Gut zwei Jahrzehnte hat Dagmar Lavi in der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist gewirkt – jahrelang als Pflegedirektorin, zuletzt als Leiterin des Seniorenstifts Hohenwald in Kronberg. Ende Juni hat sie sich verabschiedet.

Bräuchte ein Regisseur eine Expertin,die in einem Imagefilm für die Arbeit in der Pflege wirbt, so wäre Dagmar Lavi die beste Kandidatin dafür. Seit gut vier Jahrzehnten wirkt sie in diesem Bereich – und noch immer kommt sie ins Schwärmen, wenn sie davon erzählt. Ein „toller Beruf“ sei das, in dem man sich in alle möglichen Richtungen entwickeln könne: Kardiologie, Intensivpflege, Neurologie, Anästhesie, Pflegeausbildung – „Es stehen einem unglaublich viele Wege offen. Und es ist eine sinnstiftende Tätigkeit.“ Nach gut 20 Jahren in der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist ist der 62-Jährigen keine Müdigkeit anzumerken. Dabei neigt sich ihre Berufsleben dem Ende entgegen, denn im Sommer beginnt die passive Phase ihrer Altersteilzeit.

Viel kann sie erzählen von ihrem Werdegang. Davon, wie sie als Krankenschwester Anfang der 1980er-Jahre aus ihrer Heimatstadt Weilburg nach Frankfurt kam, um sich zur Fachkrankenschwester Anästhesie und Intensivmedizin zu qualifizieren. Wie sie dabei ihren späteren Ehemann, einen gebürtigen Israeli, kennenlernte. Wie beide 1992 mit ihren zwei kleinen Kindern nach Israel auswanderten, obwohl Dagmar Lavi damals noch kaum Hebräisch sprach. Ein Entschluss, der manche in ihrer hessischen Verwandtschaft schlucken ließ, wie sie sich lachend erinnert – der für sie aber genau richtig gewesen sei: „Ich bin ein abenteuerlustiger Mensch. Und ich wollte schon immer etwas anderes machen als andere.“

Das konnte sie im Nahen Osten: „Die Israelis sind unglaublich offen, ich habe mich dort sehr wohl gefühlt.“ Sie lernte die Sprache und begann in der Kinderklinik in Tel Aviv zu arbeiten. Anfangs als Hilfskraft, später in der Pflegedienstleitung, während sie nebenbei ein Studium in Health-Services absolvierte. Doch dann erschütterten die Attentate vom 11. September 2001 die Welt. Und in Israel, wo im Jahr zuvor die zweite Intifada mit zahlreichen palästinensischen Selbstmordattentaten ausgebrochen war, spitzte sich die Lage zu. So sehr, dass sich die Familie zur Rückkehr nach Frankfurt entschied, wo Dagmar Lavi Anfang 2002 eine Stelle in der Pflegedienstleitung des Hospitals zum Heiligen Geist antrat.

Schon ein Jahr später folgte der Karrieresprung zur Pflegedirektorin. Eine Herausforderung, vor der andere wohl zurückgeschreckt wären. Nicht so die damals 43-Jährige. Immer zukunftsorientiert sein, sich auch mal neu erfinden, Verantwortung übernehmen – diese Haltung, die ihr in Israel so oft begegnet sei, habe sie geprägt, sagt sie. Außerdem machte ihr auch der damalige Stiftungsgeschäftsführer Siegfried Twelker Mut. Immer noch muss sie lachen, wenn sie an den Satz denkt, den er ihr zum Einstieg mit auf den Weg gab: „Frau Lavi, Sie war’n im Kriesch (Krieg) – Sie können auch ins Heilig Geist.“

„Frau Lavi, Sie war’n im Kriesch (Krieg) – Sie können auch ins Heilig Geist.“

Er behielt recht. So gut meisterte Dagmar Lavi ihre Leitungsaufgaben, dass sie 2014 auch zur Pflegedirektorin des Krankenhauses Nordwest berufen wurde und damit in beiden Häusern für mehr als 800 Pflegekräfte verantwortlich war. Obwohl in ihre ersten Jahre bei der Stiftung eine der tiefgreifendsten Reformen fiel, die das deutsche Gesundheitssystem bisher erlebt hat: die Einführung der Fallpauschalen. Die auch dazu führte, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in der Pflege zeitweise drastisch reduziert wurde – ein Grund für den heutigen Pflegenotstand.

Dass es ihr dennoch gelang, die Beschäftigten trotz aller damit verbundenen Probleme immer wieder neu zu motivieren, hängt wohl auch mit ihrer eigenen Leidenschaft für den Pflegeberuf zusammen. Und mit ihrem Verständnis von Mitarbeiterführung. „Mir war immer daran gelegen, die Menschen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen“, sagt sie. „Ihnen viele Freiräume zu geben. Und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie Dinge gestalten können.“ Dabei setzte sie auch auf unkonventionelle Ideen. Um Mitarbeiter zu entlasten, schuf sie beispielsweise einen „Springer-Pool“, bestehend aus Pflegekräften im Ruhestand, die hin und wieder auf Minijob-Basis einsprangen. 2015 schaffte sie es schließlich zusammen mit der Universitätsklinik, die Krankenpflegeschule so aufzustellen, dass sich die Zahl der Ausbildungsplätze von 30 auf 90 erhöhte.

2019 schließlich wurde sie von der damaligen Stiftungsdirektion gebeten, neben der Pflegedirektion noch die Leitung der Seniorenstifte Hohenwald und Kronthal zu übernehmen. Nach einigen Monaten entschied sie sich dafür, sich ganz den Führungsaufgaben in den beiden Einrichtungen zu widmen, zumal sich bereits die Schließung des Standorts Kronthal wegen dessen maroder Infrastruktur abzeichnete. Erleichtert ist sie darüber, dass niemand entlassen werden musste, und dass alle Bewohner im verbliebenen Stift Hohenwald untergebracht werden konnten.

Dank der Aufbauarbeit, die sie dort leistete – „Jetzt gibt es dort eine tolle Führungsmannschaft“– kann sie nun guten Gewissens Abschied nehmen. Ob ihr dieser Schritt schwerfällt? Sie überlegt einen Moment. Nein, sagt sie dann: „Ich kann loslassen, ich halte nichts fest“. Getreu den buddhistischen Weisheiten, auf denen ihre Lebenshaltung gründet. Zudem hat sie schon neue Ziele im Blick: die Hochzeit ihres Sohnes im Sommer, ihre Tochter, die ihr zweites Kind erwartet, ihre 87-jährige Mutter, die sie öfter als bisher besuchen will. Und die zahlreichen Bücher, die darauf warten, endlich gelesen zu werden. „Beschäftigt bin ich auf jeden Fall.“

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