Hospital zum Heiligen Geist

Sich selbst etwas zurückzunehmen und die Not der Patient:innen zu verstehen – 25 Jahre psychosomatische Pflege

25 Jahre gibt es nun am Hospital zum Heiligen Geist Krankenschwestern und Krankenpfleger, die in der Psychosomatik entweder in den Tageskliniken, auf den Vollstationen und seit Kurzem auch in der Psychosomatischen Institutsambulanz (PSIA) arbeiten. Vieles hat sich seit 1996 getan, wir sind durch eine umfassende Zusammenarbeit mit den anderen Stationen in das Akutkrankenhaus integriert. Wir haben mittlerweile fünf Stationen, drei Tageskliniken und zwei vollstationäre Bereiche und haben im Laufe der Jahre von 17 auf 80 Behandlungsplätze erweitert. Zurzeit arbeiten in der Psychosomatik 25 Krankenschwestern und Krankenpfleger, die mit großem Engagement im Tag und Nachtdienst und am Wochenende arbeiten.

Wir haben wenig Fluktuation, was uns sehr freut. Qualifizierten Nachwuchs zu finden, ist heutzutage nicht leicht, wir haben jedoch gerade durch Corona auch immer wieder Anfragen von externen Kolleg:innen, die auf der Suche nach Veränderung sind.

Die Aufgaben in der psychosomatischen Pflege unterscheiden sich von denen in den anderen Fachdisziplinen. Da wir keine Dienstkleidung tragen, kommt schnell der Gedanke auf, wir hätten einen lockeren Job. Auf den ersten Blick wirkt dies auch so. Wir versuchen, durch eine ausgeprägte äußere Struktur dem weiten Feld der Psychosomatik mit Klarheit und Struktur entgegenzutreten.

Überstunden vermeiden wir wenn möglich. Wenn jemand erkrankt, wird versucht, auch so über die Runden zu kommen, ohne eine Kollegin aus dem Frei zu holen. Klare Arbeitsstrukturen, Erholung sowie die Planbarkeit der Dienste, das alles sind aus meiner Sicht Notwendigkeiten, um den psychisch belastenden Beruf ausüben zu können, ohne selbst krank zu werden. Viele von uns in der Pflege leisten sich eine Teilzeitstelle, was nicht bedeutet, dass der Verdienst hoch ist.

Wir sind ein starkes, mitdenkendes und flexibles Team – wir springen jeder auf all unseren Stationen ein, was eine gelegentliche Rotation voraussetzt. Keine psychosomatisch arbeitende Pflegekraft kommt umhin, sich mit dem Leid der Patient:innen tatsächlich auseinanderzusetzen. Jede reflektiert dabei auch die eigene Biografie. Dazu ist viel Kraft nötig, denn wir alle kommen ja auch nicht unbedingt aus einer heilen Welt; haben möglicherweise selbst manche schmerzhafte und verdrängte Erinnerung, die dann plötzlich wieder wach wird.

Wir sind ein starkes, flexibles Team

Unsere Patient:innen fordern uns viel ab: Wir lernen damit umzugehen, dass beispielsweise magersüchtige Patient:innen trotz Magensonde immer wieder nach dem Hungern streben, sie lassen uns teilhaben an ihrer Verzweiflung, ihrem Selbsthass oder auch ihrem Widerstand. Weder mit Ablehnung noch mit Ärger zu reagieren, dazu braucht es viel Wissen und Professionalität

Sich selbst etwas zurückzunehmen und tatsächlich zu verstehen, in welcher Not die Patient:innen, also unsere Schutzbefohlenen, sind, das ist eine der großen Herausforderungen. Denn einfach nur lieb und nett sein, reicht nicht aus, ist aber die erste Bedingung, damit Patient:innen sich öffnen können.

Die Durchführung von Morgenrunden, das Mitgestalten einer warmen, haltenden (Winnicott) Stationsatmosphäre oder Kriseninterventionen sind genauso wichtige Aufgaben wie die Gespräche in der Bezugspflege, Schmerz- und Esstagebücher oder spannungsregulierende Interventionen, die mit den Patient:innen erarbeitet werden.

Für die Einhaltung der Regeln sind in erster Linie wir in der Pflege zuständig – eine nicht immer einfache Aufgabe. Wir haben das Glück, dass die Zusammenarbeit mit den Ärztinnen und Ärzten intensiv ist und durch einen täglichen Austausch eine große gegenseitige Akzeptanz entsteht. Aber eine gute Teamarbeit ist kein Selbstläufer: Es braucht gerade bei dem Pflegepersonal die Fähigkeit, Unangenehmes anzusprechen, um dann einen Kompromiss finden zu können, der die Zusammenarbeit wieder stabilisiert.

Unsere klare Aufgabentrennung, die tägliche Übergabe zwischen allen Berufsgruppen und das Mitwirken am Gestaltungsprozess bewirken eine Arbeitszufriedenheit und Identifikation mit der Abteilung, auch in diesen schwierigen Zeiten in einer Pandemie und deren Nachwirkungen. Hilfreich sind hier unsere altbewährten Strukturen: Supervisionen, Stationsbesprechungen, Balintgruppen und Visitenvorbesprechungen.

Nach 25 Jahren heißt es Abschied nehmen

Die Gelegenheit, für 25 Jahre erfüllende Pflegetätigkeit Danke zu sagen, möchte ich hier nicht ungenutzt verstreichen lassen:

Danke an die ehemalige Pflegedirektorin Silke Rhein, die die erste Pflege-Crew zusammengestellt hat.

Danke an unsere ehemalige Pflegedirektorin Dagmar Lavi, die uns in unseren Belangen verstanden hat und uns viel Eigenverantwortung gelassen hat.

Danke an den jetzigen Pflegedirektor Klaus Engel für dessen Unterstützung.

Danke auch an unsere Patient:innen, von denen wir 25 Jahre lernen konnten, was uns bei unserer eigenen persönlichen Entwicklung entgegenkommt.

Nach 25 Jahren heißt es Abschied nehmen von unserem allseits geschätzten Chefarzt Dr. Wolfgang Merkle. Wir wurden geprägt durch seine humanistische Haltung, dem intensiven Arbeiten im Team und seiner tiefen Überzeugung in die Notwendigkeit einer tiefenpsychologischen Therapie in einem Akutkrankenhaus.

Das mehrjährige Traineeprogramm in Shanghai war für mich ein herausragendes, unvergessliches Erlebnis als Krankenschwester. Unsere gemeinsame Arbeit am anderen Ende der Welt weitergeben zu dürfen, ist ein großes Geschenk. Für all das und für vieles Unerwähnte bedanke ich mich auch im Namen meiner Pflegekolleg:innen.

Pflegebereichsleitung

Gudrun Schopf

Pflegebereichsleiterin an der Psychosomatischen Klinik

Telefon
Fax (069) 2196 - 2103
E-Mail rapisarda-eletto.christine(at)hohg(dot)de