Hospital zum Heiligen Geist

Brücke zwischen stationärer und ambulanter psychosomatischer Versorgung – Die Psychosomatische Institutsambulanz (PSIA)

Eine Psychosomatische Institutsambulanz (PSIA) ist definiert als ein multiprofessionelles und multimodales ambulantes Behandlungsangebot psychosomatischer Fachkrankenhäuser und psychosomatischer Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern, welche zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt sind. Die Implementierung der Psychosomatischen Institutsambulanzen verfolgt das gesundheitspolitische Ziel, die integrierte und sektorenübergreifende Patientenversorgung von psychosomatischen Patient:innen zu gewährleisten, die aufgrund der Schwere und Komplexität ihrer Erkrankung auf Dauer interdisziplinär und multimodal behandelt werden müssen.

Unsere Erfahrungen in Frankfurt und Umgebung decken sich mit vielen Erhebungen, die den hohen Anteil psychosomatischer Erkrankungen und die bestehende Behandlungslücke zwischen stationärer und ambulanter psychosomatisch-psychotherapeutischer Behandlung belegen. Trotz der eingeführten psychotherapeutischen Sprechstunde ist es weiterhin für viele Patient:innen langwierig, eine ambulante Psychotherapie zu finden.1,2 Für niedergelassene Kolleg:innen ist es schwierig, bei langen Wartezeiten auf ein Vorgespräch einen stationären oder teilstationären psychosomatischen Behandlungsplatz für ihre Patient:innen zu finden. Viele Patient:innen schaffen es nicht, die gemachten Behandlungserfolge nach einer stationären psychosomatischen Behandlung ohne eine ambulante Weiterbehandlung aufrecht zu erhalten und haben es schwer, sich wieder in ihren Alltag zu integrieren. Bislang ist also eine zeitnahe Diagnostik und Behandlung der klassisch psychosomatischen Patientenklientel als lückenhaft zu beschreiben und es besteht insbesondere die Notwendigkeit, die Behandlungsprozesse an der Schnittstelle ambulant-stationär zu verbessern.

Im November 2019 wurde vom Bundesrat das Gesetz verabschiedet, das im §118 Abs. 3 SGB V die Rahmenbedingungen für die Umsetzung einer Psychosomatischen Institutsambulanz regelt.

Um die strukturellen Vorgaben nach §118 Abs. 3 SGB V für eine Psychosomatische Institutsambulanz zu erfüllen, sind ein fachärztlicher Standard für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zu gewährleisten. Ebenso müssen für die somatische Diagnostik somatische fachärztliche Kompetenzen unterschiedlicher Fachbereiche zur Verfügung stehen. Eine multiprofessionelle Behandlung soll durch die Beteiligung von Vertreter:innen verschiedener Berufsgruppen sichergestellt werden. Im Hospital zum Heiligen Geist sind als Allgemeinkrankenhaus zusammen mit den langjährigen Behandlungserfahrungen der Psychosomatischen Klinik alle formalen Strukturmerkmale gegeben, die durch die gesetzlichen Richtlinien gefordert sind.

Nach langen Verhandlungen mit den Krankenkassen wurde im März 2021 mit der Unterstützung der Hessischen Krankenhausgesellschaft in Hessen eine der ersten Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen getroffen. Seit April 2021 haben wir im Hospital zum Heiligen Geist, trotz schwieriger Bedingungen unter Corona-Auflagen, die ersten Patient:innen in unserer Institutsambulanz aufgenommen.

Die bestehenden Rahmenvorgaben der Bundesrichtlinie ermöglichen uns nach fachärztlicher psychiatrischer oder psychosomatischer Zuweisung eine psychosomatische Diagnostik und psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung. Ebenfalls können Patient:innen aus unserer stationären oder teilstationären Behandlung, die noch keine ambulante Behandlung haben, im Anschluss überleitend in der PSIA weiter behandelt werden. Für Patient:innen, für die eine übliche ambulante psychotherapeutische Behandlung aufgrund der Schwere und Dauer ihrer Erkrankung nicht ausreicht, bietet die PSIA die Möglichkeit, unter Beibehaltung ihres strukturgebenden Alltags und ihrer Berufstätigkeit an einem komplexen Behandlungsangebot individuell teilzunehmen.

Die Behandlung in einer PSIA ist jedoch nur einer bestimmten Patientenklientel mit psychischen Diagnosen vorbehalten. Die Richtlinie sieht hier die Behandlung von Patient:innen vor, die unter einer psychischen Diagnose leiden, die zusätzlich mit einer somatischen Komorbidität in Verbindung steht. Die PSIA ist damit für Patient:innen mit einer Diagnose aus dem Bereich der F44 Dissoziativen Störungen und F45 Somatoformen Störungen zugänglich. Auch wenn prinzipiell eine ambulante Richtlinienpsychotherapie eine parallele Behandlung in einer PSIA ausschließt, so sind dennoch bei spezifischer Indikation die Teilnahme an störungsspezifischen Gruppenangeboten wie z.B. der DBT-Gruppe (Dialektisch-Behaviorale Therapie) oder Schmerzgruppe möglich.

Beginnend mit einer Facharztstelle und Stellenanteilen einer Kunsttherapeutin, KBT-Therapeutin (Konzentrative Bewegungstherapie), psychosomatischer Pflege sowie einer Sozialarbeiterin können wir aktuell unseren Patient:innen ein multimodales Behandlungsangebot machen, in dem sowohl verbale als auch non-verbale Therapieverfahren zum Tragen kommen (psychodynamische Gruppentherapie, Kunsttherapie, KBT, PMR – Progessive Muskelentspannung), Achtsamkeitstraining und psychosomatische Pflegegespräche sowie eine DBT-Gruppe und Schmerzgruppe. In einem Erstgespräch und diagnostischer Einschätzung wird gemeinsam mit den Patient:innen der Behandlungsplan individuell besprochen. Der Schwerpunkt unserer Behandlungsangebote liegt auf Gruppentherapien mit einer Gruppengröße derzeit von 5 Patient:innen.

Aktuell können wir bis zu 30 Patient:innen Therapieangebote in unserer PSIA anbieten. In der Regel nehmen die Patient:innen an 2–3 Therapieeinheiten teil, die als halboffene Therapiegruppen konzipiert sind. In ärztlichen Gesprächen können therapeutische Themen vertieft, medikamentöse Fragen oder somatische Anliegen besprochen und geklärt werden.

Es sind die ersten Schritte und wir sammeln gemeinsame Erfahrungen mit unseren Patient:innen, den psychosomatischen und somatischen Kolleg:innen unseres Hauses, den niedergelassenen ärztlichen Kolleg:innen und Psychotherapeut:innen. Kooperationen mit anderen psychotherapeutischen Institutionen und Selbsthilfegruppen müssen noch gefestigt werden. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die bestehende Nachfrage nach unserem multimodalen Behandlungsangebot groß ist. Weitere Anpassungen werden sich daraus ergeben, weitere kreative und störungsspezifische Therapieangebote können folgen. Wir hoffen, dass auch die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen uns ermöglichen wird, unser Behandlungsspektrum zu erweitern und den großen psychotherapeutischen Bedarf damit aufzugreifen, um die Behandlungslücke zwischen stationärer und ambulanter psychosomatischer Psychotherapie schließen zu können. Es wird noch weitere Zeit brauchen, bis die PSIA am Hospital zum Heiligen Geist als Brücke zwischen stationärer und ambulanter Psychotherapie ein fester Bestandteil der Behandlungsoptionen für psychosomatische Erkrankungen in Frankfurt sein wird, aber wir sind auf dem Weg.

Leitung

Dr. med. Claudia Esser

Telefon
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E-Mail rapisarda-eletto.christine(at)hohg(dot)de