Krankenhaus Nordwest

Begleitendes Untersuchungsprogramm am Krankenhaus Nordwest: Kontrolle der Immunantwort nach Impfung gegen SARS-CoV-2

Die Corona-Pandemie stellt seit Frühjahr 2020 nicht nur Krankenhäuser vor neue Herausforderungen. Allerdings befanden sich Einrichtungen der Gesundheitsversorgung in besonders schwieriger Lage. Einerseits mussten Patienten mit SARS-CoV-2 Infektionen unterschiedlicher Schweregrade bestmöglich versorgt werden, andererseits andere Patientenkollektive in den Krankenhäusern vor Infektion geschützt werden ebenso wie die Mitarbeiter im Versorgungsteam, die in besonders exponierten Bereichen tätig waren und sind.

Mit einer nie dagewesenen Dynamik wurden im letzten Jahr Impfstoffe entwickelt, Studien der Phasen I-III durchgeführt und die Wirksamkeit zweier sogenannter mRNA-Impfstoffe und eines Adenovirusbasierten Vektor-Impfstoffes im Hinblick auf einen Schutz vor Infektion bestätigt. Das Prinzip der mRNA-Impfung wurde im Kontext der Infektprävention erstmals entwickelt und eingesetzt. Obwohl die abgeschlossenen Studien zunächst keine hohe Rate schwerwiegender Nebenwirkungen gezeigt hatten, bestand bei Zulassung des 1. mRNA-Impfstoffes für Deutschland eine große Zurückhaltung in der Impfbereitschaft der Bevölkerung. Auch die Mitarbeiter des Krankenhauses äußerten vielfältige Fragen zur Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes und verhielten sich initial eher zurückhaltend gegenüber einer ersten Immunisierung.

In Kooperation mit dem Zentrallabor des Krankenhauses Nordwest und dem tumorimmunologischen Forschungslabor haben wir für unsere Mitarbeiter ein begleitendes Untersuchungsprogramm entwickelt und bei der ersten Immunisierung bereits angeboten. Nach erfolgter Aufklärung über die Impfmaßnahme konnten Geimpfte auf freiwilliger Basis eine Blutprobe zur Verfügung stellen, die es ermöglichen würde, eine Immunantwort gegen SARS-CoV-2 zum Zeitpunkt der 1. und 2. Impfung sowie drei Wochen und drei Monate nach der Impfung zu bestimmen. In einer ersten Impfrunde erhielten die Mitarbeiter zwei Dosen des mRNA Impfstoffs von BioNTech/ Pfizer (Comirnaty) im Abstand von 21 Tagen; in der zweiten Impfrunde wurde zunächst eine erste Dosis mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria) geimpft, die Zweitimpfung erfolgte mit dem mRNA Impfstoff von Moderna (Spikevax) nach 76 Tagen.

Nach publizierten Daten konnte eine präventive Immunantwort postuliert werden, wenn neutralisierende Antikörper im Serum und eine SARS-CoV-2 spezifische T-Zellantwort nachweisbar waren.

In der BioNTech mRNA Impfgruppe konnte die Datenanalyse bei 427 Teilnehmern durchgeführt werden, in der AstraZeneca-Moderna Impfgruppe waren 113 Teilnehmer auswertbar. In beiden Gruppen konnte eine Serum-Antikörperantwort bei allen immunisierten Personen spätestens nach der 2. Impfung gemessen werden. Ebenso fand sich eine – nach heutigen Erkenntnissen für den Infektionsschutz essentiell wichtige – T-Zellantwort bei allen untersuchten Blutproben und in beiden Impfgruppen unabhängig von der Antikörperhöhe. Bei den Antikörpern wurden allerdings starke Unterschiede in der Höhe beobachtet: der mittlere IgG-Spiegel drei Wochen nach der Zweitimpfung betrug 1371 U/ml in der BioNTech-Impfgruppe und 10306 U/ml in der AstraZeneca-Moderna-Gruppe.

In beiden Gruppen gab es Studienteilnehmer, die bereits schon zum Zeitpunkt der Erstimpfung Antikörper gegen das SARS-CoV-2 Virus gebildet hatten, was auf eine bereits durchgemachte Infektion mit dem Erreger hinweist. Die Antikörperspiegel bei diesen bereits vorher infizierten Personen waren nach Impfung in beiden Impfgruppen deutlich höher, wobei der höchste Anstieg zwischen der ersten und der zweiten Impfung zu verzeichnen war. Auch hatten die zuvor infizierten Personen nach anschließender Impfung eine höhere AnzahI SARS-CoV-2 spezifischer T-Zellen im Blut.

Nach aktuellen Überlegungen wird eine 3. Impfung mindestens sechs Monate nach einer vorangegangenen Immunisierung empfohlen. Grundlage für diese Empfehlung ist die Beobachtung fallender Antikörpertiter etwa sechs Monate nach stattgehabter Immunisierung und die Beobachtung vermehrter Infektionsdurchbrüche bei geimpften Personen, wenn die Impfung länger als sechs Monate zurückliegt. In der BioNTech Impfgruppe fiel der mittlere Antikörperwert von 1371 auf 1007 U/ml, in der AstraZeneca-Moderna Impfgruppe von 10306 auf 3027 U/ml. Derzeit ist noch nicht bekannt, welcher kritische Antikörpertiter zum Schutz vor Infektion ausreicht.

Das immunologische Begleitprogramm ist bei unseren Mitarbeitern prinzipiell auf Interesse und eine hohe Bereitschaft zur Teilnahme gestoßen. Im Zusammenhang mit der initialen Verunsicherung über die Sicherheit und Wirksamkeit der neu zugelassenen Impfstoffe hat die Bestimmung der individuellen Immunantwort in fast allen Fällen die Wirksamkeit des Impfstoffes belegt. Mit wissenschaftlichem Interesse werden wir die Entwicklung der Pandemie weiter verfolgen und unter Berücksichtigung der aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Gesundheitsämter die Immunologie nach Infektion und wiederholter Impfung weiter untersuchen.

Chefärztin

Prof. Dr. med. Elke Jäger

Fachärztin für Innere Medizin, Fachärztin für Hämatologie und Onkologie, Palliativmedizin

Chefarzt

Prof. Dr. med. Klaus-Peter Hunfeld

Telefon
E-Mail kroner.brigitte(at)khnw(dot)de

Julia Karbach

Leiterin des Tumorimmunologischen Forschungslabors