Krankenhaus Nordwest

MRgFUS als fokale Therapie bei Prostatakarzinom

Im Juni 2018 wurde am Krankenhaus Nordwest zum ersten Mal ein Patient mit einem lokalisierten Prostatakarzinom mit Magnetresonanztomografie-gesteuerten hochfokussierten Ultraschallwellen (MRgFUS) behandelt. Das Verfahren ist eine schonende Behandlungsmethode zur fokalen, also zielgerichteten Therapie von Prostatakrebs mittels Ultraschall. Mit der fokalen Behandlung wird betroffenen Patienten eine Alternative mit einer hohen Lebensqualität geboten, insbesondere wenn von den Patienten weder eine Radikaltherapie noch eine reine Überwachung gewünscht wird. Das Verfahren wird deutschlandweit bislang nur im Krankenhaus Nordwest eingesetzt.

Prostatakrebs ist mit circa 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr allein in Deutschland die häufigste Krebsart bei Männern. Allerdings gehört das Prostatakarzinom zu den Krebsarten, die unter Umständen nur langsam wachsen und nicht immer eine unmittelbare Bedrohung für die Betroffenen darstellen. Eine abwartende Strategie beim Prostatakarzinom stellt daher eine der Behandlungsoptionen dar. Männer mit lokal begrenztem Prostatakarzinom haben neben der aktiven Überwachung die Wahl zwischen Operation – also radikaler Entfernung der Prostata – und Bestrahlung. Beide Verfahren sind jedoch immer mit dem Risiko von Kontinenz- und Potenzstörungen verbunden. Als neue Option kommt nun die MRgFUS-Behandlung in Betracht.

Die Standardtherapien

Die Standardtherapien zur Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms sind die radikale Entfernung der Prostata, die perkutane Strahlentherapie, die Brachytherapie und die sogenannte „Active Surveillance“, eine Überwachung unter strengen Kriterien, bei deren Überschreitung eine aktivere Therapie eingeleitet werden muss. Jede aktive Therapie hat zwei mögliche Nebenwirkungen: Inkontinenz, d.h. unwillkürlicher Urinverlust, und Erektionsschwäche.

Die alternativen Therapien

Alternativ zu den Standardtherapien gibt es verschiedene Möglichkeiten Prostatakarzinomgewebe zu zerstören: die Kryoablation (Vereisung der Prostata), der hochintensive fokussierte Ultraschall (HIFU), die photodynamische Therapie, bei der ein Medikament gegeben wird, das das Prostatagewebe für Licht empfindlich macht, um dann mittels Laserlicht zerstört zu werden sowie die irreversible Elektroporation (IRE), bei der das Gewebe durch Anlage eines elektrischen Feldes zerstört wird.

In der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Krankenhaus Nordwest wird die Kryoablation der Prostata seit 2001 bei Patienten mit schweren Begleiterkrankungen und primärem Karzinom oder nach Versagen der Strahlentherapie (und anderer Therapien) angewandt. HIFU wird seit 2004 bei Patienten mit zufällig bei der transurethralen Prostataresektion aufgefallenem Prostatakarzinom oder bei Patienten mit wenig aggressiven Karzinomen und schweren Begleiterkrankungen angewandt.

Fokale Therapie

Es stellt sich nun die Frage, warum immer die ganze Prostata, mit den entsprechenden Nebenwirkungen, behandelt werden muss. Seit mehr als 15 Jahren wird daher die Idee der fokalen Therapie verfolgt.  Die Deutsche Gesellschaft für Fokale und Mikrotherapie, aus der später der Arbeitskreis Fokale und Mikrotherapie der Akademie der Deutschen Urologen hervorging, wurde 2012 in den Räumen des Kommunikationszentrums am Krankenhaus Nordwest gegründet.

Der Vorteil der fokalen Therapie:  Ein „entferntes“ Prostatakarzinom kann nicht wachsen oder metastasieren und  bei einer begrenzten Behandlung werden die Nebenwirkungen minimiert – das ist die grundsätzliche Idee hinter der fokalen  Therapie. Ziel der fokalen Therapie ist es, präzise, vorhersagbar und kontrolliert Gewebe zu abladieren.

Die Behandlung mit MRgFUS

Die Behandlung mit Magnetresonanztomografie-gesteuerten hochfokussierten Ultraschallwellen wird im MRgFUS-Zentrum Frankfurt durchgeführt. Seit Juni 2018 werden hier Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom fokal behandelt. Das MRgFUS-Zentrum Frankfurt wird von Prof. Dr. med. M. Düx geleitet und führt Therapien der Prostata in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Krankenhaus Nordwest durch. Bei der MRgFUS-Behandlung werden wie beim hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU) unter Narkose hochenergetische Schallwellen über eine im Enddarm platzierte Ultraschallsonde in Richtung Prostata gesendet. Diese Schallwellen sind in der Lage, punktgenaue Hitze-Areale in einem zuvor definierten Gewebebereich zu erzeugen, ganz ohne Nadeln, Skalpell oder OP. Der Gewebebereich wird auf 70 bis 80 Grad Celsius erhitzt, was zu einem Absterben der Tumorzellen führt.

Vorteile durch MRgFUS

Bisher bestand während der HIFU-Behandlung keine Möglichkeit zur Kontrolle. Mit dem MRgFUS hat sich dies nun entscheidend geändert. Die Kombination des hochintensiven fokussierten Ultraschalls (HIFU) mit der Magnetresonanztomografie (MRT) bringt einen wesentlichen Mehrwert. Während der Behandlung gibt es ein direktes Feedback über die Temperaturverteilung im Tumor und der Prostata. Das MRT ermöglicht eine „Echtzeittemperaturmessung“ und stellt dadurch sicher, dass das Tumorgewebe ausreichend erwärmt und umgebende Strukturen geschont werden.

Für den Patienten hat das den Vorteil, dass das Karzinom mit hoher Präzision erhitzt und damit zerstört wird. Umliegendes gesundes Gewebe wird geschont, Nebenwirkungen oder Komplikationen der Therapie sind ausgesprochen selten und im Falle eines Rezidivs ist die Behandlung wiederholbar oder lässt andere Behandlungsoptionen offen.

Vor der Therapie steht immer eine zuverlässige Diagnose

Bevor wir unseren Patienten eine MRgFUS-Behandlung anbieten, muss eine zuverlässige Diagnose des Karzinoms erfolgen. Die Vorsorgeuntersuchung spielt dabei eine wesentliche Rolle. An erster Stelle sollte immer die rektale Untersuchung, ergänzt um einen Bluttest, den PSA-Wert (Prostataspezifisches Antigen), stehen. Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser kann er  therapiert werden.

Die Hauptproblematik besteht darin, dass das Prostatakarzinom multifokal ist, d.h. an mehreren Stellen in der Prostata auftreten kann. Aus diesem Grund ist es vor einer fokalen Therapie notwendig, den Herd zu lokalisieren und weitere Herde auszuschließen. Hier kommt die multiparametrische MRT (mpMRT) der Prostata
ins Spiel. Die mpMRT weist den Ort und die Ausdehnung des Prostatakarzinoms nach. Anhand des MR-Befundes kann die Biopsie gezielt ausgerichtet werden, weshalb die MRT grundsätzlich vor einer Biopsie erfolgen sollte. Die multiparametrische MRT der Prostata und die MRT-Fusions-Biopsie sind seit Jahren am Krankenhaus Nordwest etabliert.

Welche Patienten kommen für den MRgFUS in Frage?

Das MRgFUS-Verfahren eignet sich für Patienten, bei denen ein nicht-metastasierter, auf die Prostata begrenzter Tumor mit niedriger Agressivität diagnostiziert wurde. Die Patienten haben die Wahl, sich einer aktiven Überwachung des Karzinoms zu unterziehen oder entscheiden sich für eine fokale Therapie, um das Karzinom zu zerstören. Als klinische Parameter für eine MRgFUS-Therapie gelten ein PSA-Wert < 10ng/ml, ein Gleason-Score von maximal 7 und ein unilateraler Tumor in maximal 2 Standardbiopsien. Ob metallische Implantate die Behandlung stören, muss im Einzelfall geklärt werden. Nicht behandelt werden können Patienten mit Herzschrittmachern, -defibrillatoren oder Neurostimulatoren

Chefarzt

Prof. Dr. med. Markus Düx

Facharzt für Radiologie und Neuroradiologie

Leitender Oberarzt

Ulrich Witzsch

Facharzt für Urologie, Arzt für Qualitätsmanagement, Koordinator Prostatakarzinomzentrum