Krankenhaus Nordwest

Case Manager – Zentraler Ansprechpartner für Krebspatienten

Zur Förderung der Integration des Behandlungsprozesses von onkologischen Patienten sowie – daraus resultierend – zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung setzen Kliniken und Krankenhäuser nach dem Vorbild der USA auch in Deutschland immer häufiger „Case Manager“ ein. Sie bereiten den Patienten individuell auf die verschiedenen Therapieschritte vor, begleiten ihn durch die Stationen seiner Behandlung und sind dauerhafter, zentraler Ansprechpartner.

Die Diagnose Krebs reißt Betroffene sowie Angehörige plötzlich aus ihrem normalen Alltag und wirft viele Fragen auf. Angst, Verzweiflung und Unsicherheit in Bezug auf die Behandlung und ihre Folgen sind für zahlreiche Patienten eine Hürde, die ohne individuelle Unterstützung kaum zu bewältigen ist. Es gilt, eine Flut von Informationen zu beurteilen und in Kürze weitreichende Entscheidungen zu treffen. Seitens der Krankenhäuser haben sich in den vergangenen Jahren zudem die Anforderungen an die Versorgung von Krebspatienten durch die Zertifizierungs- und Leitlinienprozesse deutlich verschärft. Qualitätsansprüche an eine adäquate Patientenversorgung werden mit zunehmendem Nachdruck formuliert.

Eine effektive Behandlung von onkologischen Patienten setzt die Zusammenarbeit vieler verschiedener Disziplinen voraus: Neben niedergelassenen Ärzten sind im stationären Bereich u.a. Onkologen, Chirurgen, Radiologen, Strahlentherapeuten, Nuklearmediziner, Pathologen, Internisten und Psychoonkologen an der Therapie beteiligt. Die daraus resultierenden komplexen Behandlungspfade implizieren einen überaus individualisierten, interdisziplinären sowie transsektoralen Behandlungsprozess und damit gleichzeitig auch eine Vielzahl an Versorgungsschnittstellen.

Zur Förderung der Integration des Behandlungsprozesses von onkologischen Patienten sowie – daraus resultierend – zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung setzen Kliniken und Krankenhäuser nach dem Vorbild der USA auch in Deutschland immer häufiger „Case Manager“ ein. Sie bereiten den Patienten individuell auf die verschiedenen Therapieschritte vor, begleiten ihn durch die Stationen seiner Behandlung und sind dauerhafter, zentraler Ansprechpartner. Bereits 2009 implementierte das Krankenhaus Nordwest ein Case-Management-Konzept als Pilotprojekt im ansässigen Darmzentrum mit der Zielsetzung, die Versorgung der onkologischen Patienten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und Berücksichtigung der leitlinienkonformen Behandlung zu verbessern. Mit Erfolg.

Eine effektive Behandlung von onkologischen Patienten setzt Zusammenarbeit vieler Disziplinen voraus

Nach rund zehn Jahren praktischer Erfahrung mit einer umfassenden, patientenorientierten und integrierten (transsektoralen) Organisation und Koordination des Behandlungs- und Versorgungsprozesses durch eine einzige, für die Patienten zentrale Ansprechperson, den Case Manager, hat das Case-Management-Konzept seine Bewährungsprobe längst bestanden. Seit 2009 wurden die gesammelten Erfahrungen sorgsam analysiert und die Prozesse permanent an die täglichen Erfordernisse angepasst, so dass mittlerweile alle Organzentren unter dem Dach des Interdisziplina?ren Onkologischen Zentrums (IOZ) von einem Case Manager unterstützt werden. Insgesamt kümmern sich vier Case Manager am Krankenhaus Nordwest um die Vorbereitung, Begleitung und Nachsorge von jährlich rund 800 onkologischen Patienten und knüpfen ein Netz- werk, das die Betroffenen sowie ihre Angehörigen unterstützt. Damit schafft die Abteilung eine Versorgungsstruktur, die bislang im Rhein-Main-Gebiet einzigartig ist und vermehrt Patienten anzieht, die sich aufgrund der engmaschigen Betreuung für die Behandlung in den Zentren entscheiden.

Mit „Case“ ist nicht in 1:1-Übersetzung der Patient und Mensch als „Fall“ gemeint, sondern die problematische Situation, in der sich dieser mit seiner Erkrankung befindet. Der Case Manager stellt ein Bindeglied zwischen allen am Versorgungsprozess beteiligten Personen dar. Zur Ermöglichung einer umfassenden Patientenversorgung entwickelt und kontrolliert er sämtliche individuellen Behandlungspläne, sorgt für optimale Abläufe aller Interventionen und stellt die Kooperation und Koordination nach innen und außen sicher.Dies ist besonders für onkologische Patienten von entscheidender Bedeutung, da den medizinischen Problemen meist auch soziale Schwierigkeiten folgen. Eine rein medizinische Behandlung würde in vielen Fällen zu kurz greifen, denn der Mensch ist in sämtlichen Belangen seines Lebens tangiert. Es gilt, sich den Interdependenzen umfänglich anzunehmen, die mit der lebenseinschneidenden Diagnose Krebs einhergehen, um - das sei eindeutig betont - eine Über-, Unter- oder Fehlversorgung zu vermeiden.

Der Case Manager begleitet die Patienten von Diagnosestellung an zielgerichtet über die gesamte Versorgung hinweg bis zur Nachsorge (siehe Abbildung: Prozessübergreifende Versorgung durch Case Management). Hierbei orientiert er sich am individuellen medizinisch-pflegerischen Bedarf des Patienten: Angefangen vom Aufnahmemanagement, das die Planung der stationären Aufnahme inklusive notwendiger Vordiagnostik beinhaltet, über das Behandlungsmanagement, das die individuelle Betreuung des Patienten sowie die Vernetzung mit den wichtigsten Dienstleistern (Pflege- und Sozialberatung, Psychoonkologie, Ernährungstherapie u.v.m.) in den Fokus rückt, bis hin zum Entlassungsmanagement, das die poststationäre Versorgung und die individuelle Nachsorge regelt.

Durch Case Manager betreute Patienten sind aufgeklärter hinsichtlich der Unterstützungsangebote

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Case-Management-Konzept im Krankenhaus Nordwest zeigen, dass die patientenorientierte Kommunikation und Informationsweitergabe durch die Case Manager gewährleistet ist und die Patienten somit umfassende und transparente Informationen zum Behandlungsverlauf erhalten. Eine Form der Psychoedukation, die die Compliance der Patienten nachhaltig beeinflusst und entscheidend zum Be- handlungserfolg beitragen kann. Denn durch Case Manager betreute Patienten sind aufgeklärter hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Hilfs- und Unterstützungsangebote. Erste Studien zeigen, dass der zeitnahe Einbezug psychosozialer Interventionen wie etwa Psychoonkologie, Selbsthilfegruppen und Sozialdienst psychische Notstände lindert und poststationäre Versorgungsproblematiken vermeiden kann. Die Hilfe bei der Angstbewältigung sowie die Sicherheit, nicht allein zu sein und jederzeit einen festen Ansprechpartner zu haben, ist besonders in der Phase kurz nach der Diagnosestellung von entscheidender Bedeutung. Die Ver- sorgung von Krebspatienten umfasst nicht nur eine optimale medizinische Betreuung von Diagnose und Therapie. Vielmehr bedarf es einer Gesamtbetreuung, die den Menschen hinter der Krankheit im Blick haben muss.

Denise Hendler (in Elternzeit)

E-Mail hendler.denise(at)khnw(dot)de