Krankenhaus Nordwest

Pasteis de Natas oder Brezeln – Weißbier oder Vinho Verde?

Was Tiago Cabrera aus Portugal im deutschen Winter am meisten vermisst, sind die Sonne und das portugiesische Essen. Trotzdem steht für ihn fest: Vor mehr als fünf Jahren nach Deutschland zu kommen, war für ihn und seine Familie die richtige Entscheidung, denn in Deutschland hat er trotz kultureller Unterschiede und anfänglicher Sprachschwierigkeiten eine zweite Heimat gefunden.

Die Entscheidung, dass seine berufliche Zukunft vorerst nicht in Portugal liegen soll, fällte Cabrera im Jahr 2013, nachdem er bereits vier Jahre im Uniklinikum Lissabon tätig war. Während bei seinen Landsleuten häufig der fehlende Job ein Grund ist, das berufliche Glück im Ausland zu suchen, waren es für Cabrera vor allem die fehlenden Karrieremöglichkeiten. Ein Blick auf seine Kollegen zeigte ihm: Erfahrene Pfleger mit mehreren Jahrzehnten Berufserfahrung werden nicht mehr wertgeschätzt als Berufseinsteiger. Grund genug für den damals 28-Jährigen einen beruflichen Neustart in Deutschland zu wagen.

So geht es für den Portugiesen, der gebürtig aus Chaves nahe der spanischen Grenze stammt, im Januar 2013 von der Lissabonner Uniklinik in ein Frankfurter Pflegeheim. Nicht nur ein kultureller, sondern auch ein beruflicher Schock – denn zur Anerkennung seiner Ausbildung in Deutschland ist der studierte Pflegewissenschaftler nun erst einmal als Pflegehelfer tätig. Das Jahr im Pflegeheim nutzte er vor allem, um Deutsch zu lernen, denn nur so kann sein portugiesischer Abschluss hier anerkannt werden. Im Jahr 2014 absolvierte Cabrera erfolgreich die Sprachprüfung und begann im  Anschluss seine pflegerische Karriere in der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist – zunächst als Fachpflegekraft auf der Intensivstation des Hospitals zum Heiligen Geist.

Was ausländische Pflegekräfte mitbringen müssen, um in Deutschland zu arbeiten:

  • Anerkannter Abschluss:
    Der Abschluss als Pflegekraft aus dem Herkunftsland muss in Deutschland anerkannt werden. Die zuständige Behörde prüft, ob der Berufsabschluss gleichwertig zu deutschen Abschlüssen ist. Sollte das nicht der Fall sein, kann ein Anpassungslehrgang absolviert werden.
  • Ausreichende Deutschkenntnisse:
    Bewerber benötigen, je nach Bundesland, Kenntnisse auf dem Niveau B2 oder B1 nach dem Europäischen Referenzrahmen.
  • Gesundheitliche Eignung:
    Mit einer Bescheinigung eines deutschen Arztes müssen Bewerber nachweisen, dass sie körperlich und geistig gesund und damit für den Beruf der Pflegekraft geeignet sind.
  • Zuverlässigkeit:
    Um ihre Vertrauenswürdigkeit zu belegen, benötigen Bewerber einen Nachweis der Straffreiheit. Je nach Situation müssen sie  diesen durch ein Führungszeugnis aus ihrer Heimat oder durch ein deutsches polizeiliches Führungszeugnis erbringen.

Aller Anfang ist schwer, das merkte auch Cabrera, der in der Stiftung inzwischen als Paradebeispiel für gelungene Integration und berufliche  Weiterentwicklung ausländischer Pflegekräfte gilt. Die Sprachbarriere bereitete ihm anfangs Probleme und Unsicherheiten, doch Kollegen und  Vorgesetzte seien ihm stets mit Verständnis, Hilfe und Unterstützung entgegengekommen, schildert der 35-Jährige. Sein Tipp für Kollegen aus dem Ausland: Vertraut euch selbst, schämt euch nicht und habt Geduld. Das Lernen einer Sprache ist ein Prozess, der viel Zeit erfordert und nicht immer einfach ist. Was da hilft? Die Zähne zusammenbeißen und weitermachen. Dass es sich lohnt, an sich zu arbeiten, zeigt auch der weitere Werdegang des Portugiesen. Im Jahr 2016 stellte er sich der Herausforderung und begann auf Empfehlung der Pflegedirektion und Pflegebereichsleitung die zweijährige Fachweiterbildung in der Anästhesie- und Intensivpflege – komplett auf Deutsch. Nach erfolgreichem Abschluss der Fortbildung arbeitet er nun bereits seit Juli 2019 als stellvertretende Pflegebereichsleitung der Operativen Intensivstation im Krankenhaus Nordwest und absolviert schon die nächste Weiterbildung im Bereich Führen und Leiten. Dass ihn in Deutschland eine solche Karriere erwarten würde, hätte Cabrera vor sechs Jahren nicht gedacht. „Ich habe mich selbst nie in einer Leitungsposition gesehen und bin sehr dankbar für die Möglichkeiten, die mir die Pflegedirektion der Stiftung hiermit gegeben hat“, erzählt Cabrera, der heute mit seiner Familie in Bad Soden am Taunus lebt.

Was die Stiftung zur Integration ausländischer Pflegekräfte beiträgt:

  • Unterstützung bei der Wohnungssuche
  • Hilfestellung zur Anerkennung der Pflegeausbildung in Deutschland
  • Unterstützung bei Sprachkursen
  • Organisation von Kennenlernangebote

Die Zukunft seiner Familie sieht Cabrera, der inzwischen Vater von einer Tochter ist, in Deutschland. Einen Zehn-Jahres-Plan hat er zurzeit noch nicht  – fest steht jedoch, dass er sich erst einmal voll und ganz auf seine neue Aufgabe als stellvertretende Pflegebereichsleitung konzentrieren möchte. Und ganz vielleicht geht es dann irgendwann in ferner Zukunft zurück ins sonnige Portugal, um deutsche Brezeln wieder gegen Pasteis de Nata und Weißbier gegen Vinho Verde einzutauschen.

Das Gespräch führte Julia Cruz da Silva.