Krankenhaus Nordwest

Kolorektales Karzinom - Spezialisierte Chirurgie verbessert Prognose

Darmkrebs ist in Deutschland bei Männern und Frauen die zweithäufigste Krebserkrankung. An ihr erkranken mehr als sechs Prozent im Laufe ihres Lebens (allein 65.000 Menschen im Jahr 2008). Männer sind häufiger betroffen und die Anzahl der Neuerkrankungen nimmt seit 30 Jahren stetig zu. Die weltweite Inzidenz liegt bei einer Million Neuerkrankungen pro Jahr. Aufgrund verbesserter Vorsorge und effektiverer Therapie nimmt die Mortalität jedoch ab.

Darmkrebs kann verhindert werden

90 Prozent der kolorektalen Karzinome treten nach dem 50. Lebensjahr auf. Das Durchschnittsalter bei Erstdiagnose liegt bei 65 Jahren. Darmkrebsvorsorge gehört in Deutschland zum gesetzlichen Früherkennungsprogramm. Jedoch beruhen „Intervall-Karzinome“ überwiegend auf übersehenen oder unvollständig abgetragenen Polypen, weniger auf einer aggressiven Tumorbiologie. Ihre Quote liegt bei bis zu zehn Prozent. Die Forderung nach einer qualitätsgesicherten Koloskopie durch Spezialisten ist hieraus abzuleiten.

Darmkrebs ist heilbar

Darmkrebs ist bei frühzeitiger Diagnose heilbar. Die Chirurgie spielt uneingeschränkt die Hauptrolle in einer auf Kuration abzielenden multimodalen Behandlung. Abhängig vom Tumorstadium liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate beim resezierten Kolonkarzinom zwischen 44 und 93 Prozent. Ein Krankheitsrückfall tritt meist innerhalb von zwei Jahren nach Erstdiagnose und dann vorwiegend als hämatogene Metastasierung auf.

Eine neoadjuvante Therapie hat für Kolonkarzinome keine Indikation, während sie bei fortgeschrittenen Rektumkarzinomen in Form einer Radiochemotherapie heutiger Standard ist. Basis aller adjuvanten Chemotherapie-Regime (ACT) ist gegenwärtig 5-Fluorouracil. Im Stadium I ist keine ACT indiziert, da das Fünf-JahresÜberleben mit 80 Prozent hervorragend ist. Im Stadium II ist eine ACT in der Regel nicht indiziert. Sie kann jedoch bei jüngeren Patienten und onkologischen Risiken (T4-Tumor, venöse oder Lymphgefäßinvasion, Tumorperforation, unzureichende Lymphadenektomie) erwogen werden. Im nodal-positiven Stadium III ist sie grundsätzlich angezeigt, da sie die Fünf-JahresÜberlebensrate um bis zu 15 Prozent verbessert.

Chirurgische Behandlungsqualität ist wichtig und ausgereift

Die radikale chirurgische Primärtumor-Resektion ist nach Ausschluss nicht-resektabler Fernmetastasen grundsätzlich angezeigt. Ihre individuelle Durchführbarkeit ist zu prüfen. Darm-Segmentresektionen erfolgen unter Mitnahme der regionären Lymphknoten und infiltrierter Nachbarorgane. Tumoreinrisse und Tumorzellverschleppung sind zu vermeiden. Resektionsränder sind aufgrund der regionalen arteriellen Versorgung und der Lymphabfluss-Anatomie vorgegeben.

Die Resektion eines Rektumkarzinoms ist technisch komplexer als die Entfernung eines Tumors in anderen Dickdarmabschnitten. Sie erfolgt mittels vorderer Resektion oder nur noch selten per Rektum-Exstirpation. Die Einführung der totalen mesorektalen Exzision "TME" (Entfernung des Tumors inklusive mesorektalem Fett- und Lymphgewebe) war ein technischer Meilenstein. Durch TME konnte das lokale Therapieversagen (Rezidiv) von 30 Prozent auf unter fünf Prozent reduziert werden. Die für das Rektumkarzinom durch Präparation entlang embryonaler Faszien und Lymphadenektomie erreichbare Verbesserung der Rezidivrate wurde auch für das Kolon-Karzinom nachgewiesen (komplette mesokolische Exzision "CME"). Die strategisch richtig umgesetzte Chirurgie ist somit unbestritten der entscheidend beeinflussbare Prognosefaktor der Darmkrebstherapie.

Künstlicher Darmausgang - Nur selten erforderlich

Ein permanentes Kolostoma kann bei elektiver Chirurgie heute fast immer vermieden werden. Sollte bei tiefsitzendem Rektumkarzinom der Sphinkter- Erhalt zunächst unmöglich erscheinen, kann mit neoadjuvanter Radiochemotherapie oft ein Downstaging erreicht und später doch eine kontinenzerhaltende Rektum-Resektion durchgeführt werden.

Stellenwert der minimal invasiven Chirurgie und Robotik

Minimal invasive laparoskopische Tumorresektionen (MIC) sind in allen Lokalisationen am Kolon durchführbar. In aktuellen Leitlinien wird die MIC nach Metaanalysen heute als „optional“ angesehen. Voraussetzungen sind eine Expertise der Operateure und die geeignete Patienten-Selektion. Dann werden gleichwertige Ergebnisse wie bei konventionellen Verfahren erzielt. Laparoskopische Präparation im knöchernen Becken mit starren Instrumenten ist eine technische Herausforderung. „Roboter“-Chirurgie ist mit heute verfügbaren Plattformen primär lediglich Telemanipulator-Chirurgie. Sie zielt darauf ab, MICNachteile durch höhere Freiheitsgrade der Instrumente und bessere Sichtperspektiven auszugleichen. Eine Überlegenheit der Robotik gegenüber klassischen MIC-Verfahren oder offener Chirurgie lässt sich zwar noch nicht klar belegen, aber Zukunftsvisionen bestehen. Wir führen die chirurgischen Eingriffe bei kolorektalem Karzinom wo immer möglich und sinnvoll minimal invasiv durch. Im Vordergrund der Methodenwahl steht jedoch immer die Patientensicherheit.

Kein Nihilismus bei Metastasen-Therapie

Die Therapie des metastasierten Karzinoms ist eine interdisziplinäre Herausforderung. Nihilismus ist nicht angezeigt. Etwa 25 Prozent der Patienten weisen zum Zeitpunkt der Diagnose Lebermetastasen auf. Im Verlauf treten Lebermetastasen metachron bei bis zu 40 Prozent auf. In ausgewählten Fällen ist eine kurativ intendierte Metastasen-Chirurgie möglich und sinnvoll. Eine offensive Bewertung aller lokal therapeutischen Optionen ist auch im Verlauf einer primär als palliativ eingeschätzten Systemtherapie erforderlich. Unter Hinzuziehung eines erfahrenen Leberchirurgen muss geklärt werden, ob nicht doch eine „potentiell kurative Situation“ vorliegt.

Durch Resektion oder Ablation von Leberund/oder Lungenmetastasen ist zwar nicht immer Heilung, oft zumindest aber eine Prognoseverbesserung gegenüber der reinen Systemtherapie erreichbar. Das Fünf-Jahres-Überleben nach R0-Resektion von Lebermetastasen beträgt 20 bis 30 Prozent. Aktuelle Analysen zeigen, dass leider 60 Prozent der potentiell resektablen Filia-Patienten nach Beginn einer palliativen Chemotherapie keiner Metastasen- Resektion oder Ablation zugeführt werden. Sie werden in Protokollen vergessen, nicht reevaluiert und ohne chirurgische Vorstellung palliativ weiter therapiert.

Ausgezeichnete Chirurgie und interdisziplinäre Behandlung am Darmzentrum

Die chirurgische Darmkrebstherapie ist heute ausgereift und in S3-Leitlinien definiert. Ihre erfolgreiche Umsetzung erfordert auf diesem Feld erfahrene Chirurgen in einem spezialisierten onkologischen Zentrum. In fortgeschrittenen Tumorstadien werden durch interdisziplinär abgestimmte Kombinationen von onkologischer Systemtherapie mit gezielt indizierter Metastasen-Chirurgie oder in Kombination mit Tumorablation gute Überlebensvorteile erreicht. Dann kann Darmkrebs geheilt oder zumindest eine optimale Ausgangssituation für weitere palliative Verfahren erreicht werden. Am interdisziplinären Darmzentrum am Krankenhaus Nordwest, Teil des Interdisziplinären Onkologischen Zentrums (IOZ), wurden seit Gründung im Jahre 2012 schon weit mehr als 1.000 Patienten mit der Primärdiagnose „Kolorektales Karzinom“ chirurgisch therapiert. Das Krankenhaus Nordwest ist damit eines der größten Zentren auf diesem Feld in Deutschland. Unsere erreichten Behandlungsergebnisse, ausgewählte Zielparameter und Komplikationsraten werden extern kontinuierlich validiert und publiziert, sowohl in den Registern der chirurgischen Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) als auch der Deutschen Krebsgesellschaft (OnkoZert).

Hohe Behandlungsqualität und Anerkennung

Wir sind stolz auf die erreichte hohe Behandlungsqualität und ihre externe gute Anerkennung in Ranking-Listen. Wir sehen sogar weitere Verbesserungstendenzen bei einzelnen Parametern. Beispiele für Ergebnis- und Problem-Parameter sind in Tabelle 1 und Tabelle 2 exemplarisch aus unserer Routine-Controlling-Dokumentation dargestellt. Mit einer Gesamtmortalität von weniger als drei Prozent und einer Heilungsstörungsrate der Anastomose von fünf Prozent bei inzwischen mehr als 1.200 operierten Patienten mit Erstdiagnose Darmkrebs seit Gründung des Zentrums vor neun Jahren erreichen wir das Niveau internationaler chirurgischer Spitzenzentren der Krebsmedizin.

Chefarzt

Prof. Dr. med. Thomas Werner Kraus, MBA, FACS

Facharzt für Chirurgie, Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie, Transplantationschirurgie