Hospital zum Heiligen Geist

Alltag in der Intensivpflege - „Viel Verantwortung und täglich neue Herausforderungen“

Sechs Uhr morgens – auf dem Flur der Intensivstation im Hospital zum Heiligen Geist wird es lebendig. Bei den Pflegekräften steht der Schichtwechsel und die damit verbundene Übergabe an. Alle Diensthabenden versammeln sich im Pflegestützpunkt. Neben der Weitergabe aller wichtigen Informationen und Vorkommnisse der vergangenen Nacht werden auch die Patienten der Medizinischen Klinik und der Operativen Intensivmedizin für die nächste Schicht auf die Pflegekräfte verteilt.

„In der Regel kümmert sich hier im Hospital auf der Intensivstation ein Pfleger um zwei bis drei Patienten“, verrät uns Duygu Rehbein, stellvertretende Pflegebereichsleitung der Intensivstation, während sie gemeinsam mit einem ihrer Kollegen aus dem Nachtdienst zu den Betten ihrer heutigen Patienten läuft. Dann beginnt ihr Dienst: Kontrolle der Pupillen und Vitalzeichen, Wechsel von Beatmungsschläuchen, Kontrolle und Vergabe der Medikamente – zudem müssen die Patienten alle zwei bis drei Stunden bewegt und umgelagert werden, damit sie sich nicht wundliegen. Jeder Arbeitsschritt wird akribisch dokumentiert.

Duygu Rehbein bewegt sich durch die verwinkelten Räumlichkeiten der Intensivstation, als hätte sie noch nie etwas anderes getan. Jeder Handgriff sitzt. Freundlich und mit ruhiger Stimme spricht sie mit den Patienten – auch wenn diese im Koma liegen. Man spürt auf Anhieb die Leidenschaft für ihren Beruf.

Duygu Rehbein ist 28 Jahre alt und arbeitet seit knapp zwölf Jahren für die Stiftung Hospital zum Heiligen Geist. „Mit 16 habe ich meinen Realschulabschluss gemacht. So jung war es gar nicht einfach, einen Ausbildungsplatz zu finden“, berichtet sie. Daher entschied sie sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), das sie in der Frankfurter Rot-Kreuz-Klinik absolvierte. „Das FSJ weckte meine Leidenschaft für die Pflege. Danach stand für mich meine Berufswahl fest“, erinnert sich Duygu Rehbein.

Plötzlich ist ein lautes Piepen zu hören – Alarm bei einem Patienten. Duygu Rehbein eilt zu dem Betroffenen. Entwarnung: Nur der Überwachungsclip hat sich bei dem Patienten gelöst. An die vielen Geräte samt Piepsen und Blinken muss man sich gewöhnen. Ebenso wie an die Verantwortung, denn jede Minute kann etwas Unvorhersehbares passieren. „Es ist wichtig, dass man gut abschalten kann und in der Freizeit einen Ausgleich hat. Wichtig ist auch der Austausch im Team bei schweren und belastenden Fällen“, so Duygu Rehbein.

Das Besondere auf einer Intensivstation ist, dass die Pfleger sich um pflegeintensive Patienten kümmern müssen. Jeder ist in einem anderen Zustand und benötigt individuelle Zuwendung. Darum ist der Personalschlüssel hier höher und die Pflegekräfte haben mehr Zeit für die Pflege und die Bedürfnisse des Einzelnen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegenden und die Möglichkeit, die Therapie ein Stück weit mitzubestimmen, sind Aspekte die Duygu Rehbein an ihrer Arbeit schätzt. Die große Verantwortung reizt und motiviert sie. Im Schichtdienst sieht sie auch Vorteile, so ist auch mal unter der Woche Zeit für Erledigungen oder Freizeitaktivitäten.

„Ich erlebe es immer wieder, dass meine Mitmenschen nicht wissen, was Krankenpfleger eigentlich alles machen. Viele denken nur an die klassische Pflege wie Waschen und Füttern“, ärgert sich die Krankenpflegerin. Dieses Bild sei veraltet. Pflegekräfte brauchen ein großes medizinisches Wissen, sie müssen immer öfter mit neuen Technologien umgehen und sich immer weiterbilden. Aber genau das macht den Beruf für Rehbein so attraktiv. „Man kann sich durch die verschiedenen Fachrichtungen immer wieder neu spezialisieren und es ist ein sehr sicherer Arbeitsplatz. Junge Menschen können zudem gut aufsteigen, wenn sie motiviert und engagiert sind und sich weiterbilden wollen.“

Diese Chancen hat Duygu Rehbein ergriffen. Nach ihrer Ausbildung an der Agnes-Karll- Schule (AKS) begann sie ihre Karriere im Hospital zum Heiligen Geist: Erst auf einer internistischen Station, dann in der Notaufnahme und später in der Anästhesie. Es sind die abwechslungsreichen und anspruchsvollen Aufgaben, die die motivierte Krankenpflegerin anspornen. 2015 startete sie mit der Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie und lernte so auch den Alltag auf einer Intensivstation kennen. Ende November 2017 absolvierte sie erfolgreich die staatliche Abschlussprüfung und ist seitdem stellvertretende Pflegebereichsleitung.

Duygu Rehbein schätzt ihren Arbeitgeber: „Es mag zwar modernere Gebäude geben und größere Kliniken – aber dort geht es dann auch unpersönlicher zu. Hier im Hospital kennen wir uns alle persönlich – auch die Pflegedienstleitung. Man wird hier wahrgenommen, gefördert und geschätzt.“ Auch bietet die Stiftung ein breites Angebot im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) für die Mitarbeiter an, zum Beispiel Sportkurse, Ergonomie-Coachings oder individuelle Ernährungsberatung.

Mit der neuen Rolle als stellvertretende Leitung übernimmt sie nun zusätzliche Aufgaben. Spaß an der Position macht ihr, dass sie noch stärker aktiv mitgestalten kann. Pflegebereichsleiter Frank Kummer und sie verfolgen die gleichen Ziele. „Wir sind ein gutes Team. Gemeinsam schaffen wir neue Strukturen, entwickeln Standards und optimieren Arbeitsabläufe. Wir unterstützen uns bei der Arbeit, versuchen gute Vorbilder zu sein und die Stimmung und Motivation im Team hochzuhalten!“

Zurück auf der Station gilt die Aufmerksamkeit wieder den Patienten. Immer wieder wird ihr Zustand an den zehn Betten der Intensivstation kontrolliert. Heute ist bei der Visite auch eine Schülerin der AKS dabei, um deren Ausbildung sich Rehbein kümmert. Den Schülern gibt sie immer mit auf den Weg, so viel aus der Ausbildung mitzunehmen, wie es nur geht. „Auszubildende sollten die Chance nutzen, so viele Bereiche wie möglich kennenzulernen, Fragen zu stellen und sich und ihre Fähigkeiten auszuprobieren“, rät Rehbein.

Leid und Schmerz, der Kampf ums Überleben – Themen, die von vielen Menschen ausgeblendet werden. Für Rehbein ist das Alltag. Trotzdem ist die Arbeit auf der Intensivstation für sie ein erfüllender Beruf, verbunden mit viel Verantwortung und täglich neuen Herausforderungen. Doch auch freudige Ereignisse gehören zur Arbeit, zum Beispiel wenn schwer kranke Menschen die Intensivstation wieder verlassen können. Was die Zukunft sonst noch bringt, weiß sie noch nicht. Aber es gibt viele Möglichkeiten, weiter an einer Karriere in der Pflege zu arbeiten: Ob Pflegebereichsleitung, Mitarbeiter der Pflegedirektion oder noch ein Studium, die Möglichkeiten sind vielfältig. Das nächste Ziel hat sie schon im Blick: Die Fachweiterbildung zur Stationsleitung, um noch mehr über Führung und Leitung von Teams zu lernen.